Die Seele in Harmonie und Klang
Wieder war die Seele ohne Körper und sie suchte in der Welt nach einem Schrei.
Einem Schrei, der ihr diesmal mehr Glück bringen sollte. Zeit spielte für die
Seele keine Rolle, egal wie lange es dauerte, sie suchte trotzdem unermüdlich
weiter. Ein Schrei direkt in ihrer Nähe verhalf ihr zu einem neuen Körper. In
der Hoffnung es besser getroffen zu haben.
Und es war besser! Sie war die Seele eines kleinen Jungen geworden. Der Sohn gut
betuchter Kaufleute. Es war ein behütetes und sauberes Zuhause in das der kleine
Lukas geboren war. Mit dieser Wahl konnte die Seele zufrieden sein. Lukas war
ein liebenswertes Baby und seine Kinderseele genoss die Streicheleinheiten und
die Liebe seiner Eltern. Er wuchs heran, wie es sich ein Junge erträumte. Lukas
war sehr musikalisch. Die Eltern erkannten seine Begabung und ließen ihn bei
einem Musiklehrer das Klarinette spielen erlernen. Lukas liebte seine Klarinette
und er spielte, wo auch immer Zeit und Gelegenheit war. Und doch wollte der
Vater, dass er dieses Hobby nicht zum Beruf machen sollte. Seine mathematischen
Kenntnisse waren auch sehr gut und in der Schule gehörte er zu den Besten.
Genauer gesagt, war er der beste Junge seiner Klassenstufe. Nur ein Mädchen
übertraf seine Leistungen noch. Die Eltern waren stolz auf Lukas. Für sie stand
fest, dieses Kind würde ihren Traum erfüllen, in dem er eines Tages das Geschäft
seiner Eltern übernehmen sollte. Lukas war ein Mädchenschwarm und sein Spiel auf
der Klarinette leistete einen wesentlichen Beitrag dazu. Wenn er auf dem Dach in
den Abendstunden seine Klarinette an die Lippen führte und die Lieder aus alten
Zeiten sowie die selbst komponierten Lieder spielte, dann lauschten die
Nachbarn.
Keinem wäre es je eingefallen, sich zu beschweren. Seine
Seele gehörte einfach der Musik. Lukas legte sie in jeden Ton, den er aus der
Klarinette hervorbrachte. Die Töne schwebten hinaus in die Nacht und waren wie
Balsam für die Ohren, die sie erreichten. Er spielte mit Freunden, und immer
wenn sie sich trafen um für sich oder auch für andere Menschen zu spielen,
bekamen sie Anerkennung für das, was sie taten.
Die Eltern wollten aber, dass Lukas sein Spiel nicht zum Beruf machte. Sie
schickten ihn in eine kaufmännische Lehre. Lukas, aber liebte seine Musik und
viel lieber wäre es ihm gewesen, sein Können in Musikschulen zu verbessern. Aber
das ließ er sich nicht anmerken. Zu sehr liebte er seine Eltern, als dass er sie
enttäuschen wollte. Die Zeit des Lernens war vorbei und Lukas hatte den Beruf
eines Kaufmannes erlernt. Die Eltern hatten einen Großhandel und Lukas kümmerte
sich um den Verkauf an die vielen kleinen Händler. Seine Aufgabe war es nicht in
irgendeinem Lager zu verkümmern, sondern er war für den Vertrieb der Waren
zuständig. Die Geschäftspartner seiner Eltern waren weit verstreut und so reiste
er viel. Aber nie ohne seine Klarinette. Egal wo es ihn hin verschlug, sie
begleitete ihn. Es war Balsam für seine Seele, wenn er sie erklingen lassen
konnte. Eines Abends saß Lukas in einem Park in Wien, die Stadt der Melodien und
dort auf dieser Bank nahm er seine Klarinette aus dem Kasten und begann zu
spielen. Er war so vertieft in sein Spiel, dass er nicht bemerkte wie die Leute
stehen blieben. Paare nahmen sich in den Arm und die Mädchen legten ihre Köpfe
an die Schulter ihres Partners. Ein Mann setzte sich neben ihn auf die Bank und
erst dann bemerkte Lukas, dass sich Menschen um seine Musik versammelten und
seinen Tönen lauschten. Der hagere Mann sah Lukas an und als er aufhören wollte,
weil es ihm unheimlich wurde, dass so viele Menschen um ihn herum standen,
sprach ihn der Mann an. „Spiel weiter!“, sagte der Mann zu Lukas, der sich neben
ihn gesetzt hatte. „Spiel weiter, was du fühlst!“ Und Lukas spielte weiter.